Literatur im Herst: Der utopische Raum

Die Welt wird schöner mit jedem Tag, Man weiß nicht, was noch werden mag, […]
Nun muß sich Alles, Alles wenden.

Ludwig Uhland

Der Raum, der nicht ist (u-topos), könnte die Zukunft sein, die noch wird. Eine bessere Zukunft, für jeden Menschen auf Erden und auch für unseren angeschlagenen Planeten. In einer Epoche voller düsterer Ahnungen und Visionen ist Zukunft keine Selbstverständlichkeit mehr (die Apokalypse strömt per Flatrate in jeden Haushalt) und Optimismus eine bedrohte Haltung. Wir sind dabei zu vergessen, dass Geschichte kein Selbstläufer ist und Fatalismus die letzte Zuflucht des Feiglings. Es hängt von uns ab, wie wir die Zukunft gestalten. Voraussetzung hierfür sind Entwürfe und Konzepte, die sich ins Unbekannte und Ungewisse vor- denken, Alternativen zum gegenwärtigen System, das bekanntlich von sich behauptet, alternativlos zu sein. Solche Visionen einer anderen Gestaltung von Gesellschaft sind entgegen aller dogmatischer Unkenrufe in den medialen und digitalen Sphären keineswegs Mangelware oder gar nicht existent. Im Gegenteil: Sie sind vielfältig und reichhaltig vorhanden und zugleich meist unsichtbar, wenig bekannt und folglich selten populär.

Um dies zu ändern wird sich die Literatur im Herbst heuer dem konkreten utopischen Denken widmen, als kreative und lebensbejahende Antwort auf die zerstörerischen Prozesse eines ungebändigten, ausbeuterischen Kapitalismus. Ausgehend von der Überzeugung, dass menschlicher Fortschritt zunächst in Ideen gesät wird, bevor er in Transformationen aufgeht, haben wir Denkerinnen und Aktivistinnen, Fachleute und begnadete Laien, Musiker und Philosophen aus sieben europäischen Ländern eingeladen. In Vorträgen und Diskussionen werden wichtige Themen wie Graswurzeldemokratie, Universalismus und kulturelle Vielfalt, Menschenrechte und Wirtschaft, Ästhetik des Utopischen ebenso wie die Schönheit des Widerstands gegen den herrschenden Strich gebürstet werden, unter den geradezu symbolisch aufragenden Säulen des OdeonTheaters.

Alle Vorträge werden dokumentiert und auf der Webseite derutopischeraum.com (auch .at und .de) gesammelt werden, denn dies ist der Auftakt zu einer mehrjährigen Veranstaltungsreihe unter diesem Namen, bei der möglichst viele Bürgerinnen und Bürger angesprochen werden sollen: eine Tankstelle für alternativen geistigen Brennstoff, ein Sammelbecken für alle, die tief im Inneren wissen, dass es so wie bisher nicht weiter gehen kann und die auf der Suche sind nach wirklichen Alternativen. Diesen existentiell wichtigen Diskurs wollen wir zwischen dem 22.–25. November in Wien anstoßen. Seien Sie herzlich eingeladen in unsere utopische Oase!

Ilija Trojanow

Alte Schmiede

 

www.alte-schmiede.at

Der utopische Raum

Marc Augé (*1935), französischer Ethnologe und An- thropologe, war Präsident der EHESS (Universität für Sozialwissenschaften) in Paris, veröffentlichte zahl- reiche Bücher und Essays. Bekannt wurde Augé 1992 durch seine Theorie der Nicht-Orte, jene anonymen, gesichtslosen Orte, die das heutige urbane Leben be stimmen. Letzte Veröffentli- chungen: Lob des Fahrrads (2015), Das Pariser Bistro. Eine Liebeserklärung (2016), Das Glück des Augenblicks. Liebeserklärung an den Moment (2019) und Die Zukunft der Erdbewohner. Ein Manifest (2019).

Ulrich Brand (*1967) ist ein deutscher Politikwissenschaftler. Seit 2007 Professor für Internationale Politik an der Universität Wien und stv. Leiter des Instituts für Politikwissenschaft. Arbei- tet u.a. zu kapitalistischen Globalisierungsfragen so- wie Umwelt- und Klimapolitik. Veröffentlichungen: Imperiale Lebensweise – Zur Ausbeutung von Menschen und Natur im globalen Kapitalismus (2017, mit Markus Wissen), Zur Aktualität der Staatsform: Die materialistische Staatstheorie von Joachim Hirsch (2018, Hg.), Radikale Alternativen: Warum man den Kapitalismus nur mit vereinten Kräften überwinden kann (2018, mit Alberto Acosta).

Holly Case (*1975) ist eine US-amerikanische Historikerin und Lehrbeauftragte an der Brown University (USA) mit dem Schwerpunkt Moderne Europäische Geschichte. Zurzeit ist sie Visiting Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen. Zahlreiche Publikationen u.a. The Guardian, The Times Literary Supplement, Eurozine. Veröffentlichungen: The Age of Questions: Or, A First Attempt at an Aggregate History of the Eastern, Social, Woman, American, Jewish, Polish, Bullion, Tuberculosis, and Many Other Questions over the Nineteenth Century, and Beyond (2018).

Andreas Cassee (*1982) ist ein Schweizer Philosoph, dessen Buch Globale Be wegungsfreiheit: Ein philosophisches Plädoyer für offene Grenzen (2016) mit dem Opus Primum-Förder- preis ausgezeichnet wurde. Seit 2017 forscht er am Institut für Philosophie der Universität Bern an Migrationsethik, Steuergerechtigkeit und Theorien globaler Gerechtigkeit.

Den Sorte Skole ist ein Produzenten- und Komponistenduo (Simon Dokkedal, Martin Højland) aus Kopenhagen, das 2004 gegründet wurde. Sie sampeln obskure Platten aus aller Welt, aller Genres und Stilepochen und bewegen sich zwischen Mainstream und Avantgarde. 2017 wurden sie mit dem angesehenen Kulturpreis des Thronfolgerehepaares des dänischen Königshauses ausgezeichnet.

Birgit Hebein (*1967), Politikerin und diplomierte Sozialarbeiterin, war im Sozialbereich tätig, dann Bezirksrätin und Klubobfrau der Grünen im 15. Bezirk, Grüne-Spitzenkandidatin sowie Gemeinderätin in Wien. Seit Juni 2019 Wiener Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Stadtent- wicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung, BürgerInnenbeteiligung.

Mary Henrietta Kaldor (*1946), britische Autorin und Wissenschaftlerin, ist Professorin für Global Governance (London School of Economics and Political Science) und Leiterin des Centre for the Study of Global Governance. Vorstandsmitglied des Stockholm International Peace Research Institutes. Schwer- punkte: Globalisierung und internationale Beziehungen, Globale Zivilgesellschaft und Global Governance. Herausgeberin des European Nuclear Disarmament Journal, Gründungsmitglied des European Council on Foreign Relations. Veröffentlichungen auf Deutsch: Human Security: Reflecti- ons on Globalization and Intervention (2007), Unsere beste Waffe ist keine Waffe: Konfliktlösungen für das 21. Jahrhundert (2012), New and Old Wars: Organized Violence in a Global Era (2012), International Law and New Wars (2017, mit Christine Chinkin).

Thomas Macho (*1952) ist Kulturwissenschaftler und Philosoph. Er veröffentlicht Essays u.a. in der Zeit und der Neuen Zürcher Zeitung. Außerdem Herausgeber und Autor zahlreicher Sachbücher. Seit 2016 Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften (IFK) in Wien. Publikationen (Auswahl): Unter die Haut: Tätowierungen als Logo- und Piktogramme (2017, Hg. mit Iris Därmann), Das Leben nehmen. Suizid in der Moderne (2017).

Niccolò Milanese (*1984), lebt als Dichter und Philosoph in Paris. Ausbildung in Cambridge, Siena und Paris. Mitbegründer der Organisation European Alternatives (mit Lorenzo Marsili), die sich für ein demokratischeres, gerechteres und kulturell offenes Europa einsetzt. Beteiligt an der Gründung weiterer Magazine, Initiativen und Organisationen, u.a. The Liberal Magazine, YAANI, bitmind und Cultural Innovators Network. Seit September 2019 Non Resident Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen. Zuletzt erschienen: Wir heimatlosen Weltbürger (2019, mit Lorenzo Marsili).

Jyoti Mistry (*1970), aus Südafrika stammende Filmemacherin und Wissenschaftlerin, ist derzeit Professorin an der Kunst- hochschule Valand der Uni- versität Göteborg. Lehrbeauftragte an Universitäten u.a. in Johannesburg, New York, Wien und Helsinki. DAAD-Gastprofessorin an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Berlin. Artist in Residence in New York, San Francisco und an der Niederländischen Filmakademie. Publikationen zu Multikulturalismus und Identitätspolitik.

Mireille Adiet Ngosso (*1980) flüchtete als Vierjährige mit ihren Eltern aus der Demokratischen Repu- blik Kongo nach Österreich. Studium der Humanmedizin in Wien sowie der Biomedizinischen Wissenschaft in London; derzeit Basisausbildung im Krankenhaus Hietzing. Seit 2010 in der Wiener SPÖ aktiv und seit 2018 Frauenvorsitzende der SPÖ Innere Stadt, Stellvertreterin der Jungen Generation und stellvertretende Parteivorsitzende der SPÖ Innere Stadt.

Daniela Platsch (*1981) ist politische Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der österreichischen Partei Wandel. Sie kandidierte bei der Europawahl 2019 auf dem zweiten Listenplatz von Demokratie in Europa – DiEM25. Aufgewachsen in Deutschland. Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien und Local Economic Development an der London School of Economics.

Oliver Scheiber (*1968), Jurist und Publizist in Wien, ist Lehrbeauftragter an der Universität Wien. Ehrenamtliche Tätigkeit im Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie Wien, bei SOS Mitmensch und dem Weißen Ring. Expertentätigkeiten im Europarat. Juristische Fachpublikationen und gesellschafts- politische Kommentare in Tages- und Wochenmedien. Monografien: Auf dem Scheiterhaufen der Paragraphen – Richter als literarische Geschöpfe (2007), Sozialdemokratie: Letzter Aufruf! (2019).

Werner Michael Schwarz (*1966) studierte Geschichte und Germanistik in Wien. Von 1991 bis 1998 Projektmitarbeiter am Institut für Geschichte der Universität Graz (Fachbereich Zeitgeschichte), dann Junior Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften. Auslandslektor an Universitäten in Armenien, Georgien, Kasachstan, Kirgisien und Usbekistan. Projektmitarbeiter im Archiv der TU- Wien. 2004 Visiting Fellow der Harvard University.
Seit 2005 Kurator im Wien Museum.

Alexandra Strickner ist politische Ökonomin, Obfrau und Mitbegründerin von Attac Österreich sowie der Plattformen TTIP-Stoppen und Anders Handeln, Koordinatorin der Allianz Wege aus der Krise und Mitorganisatorin der Kongresse Gutes Leben für alle! (2015 und 2017 in Wien). Ihre Schwerpunkte: Welthandel, Agrarpolitik und Steuergerechtigkeit. 2011 erschien Ernährungssouveränität. Für eine andere Agrar- und Lebensmittelpolitik in Europa (Hg. mit Gérard Choplin und Aurélie Trouvé).

Dieter Sperl (*1966) studierte Germanistik und Philosophie in Graz, wo er Mitherausgeber der Literaturzeitschrift perspektive und Gründer der literatur- theoretischen Reihe edition gegensätze war. Seit 1997 lebt er als Herausgeber und Autor von Romanen, Hörspielen, Textinstallationen, Film- und Fotoarbeiten in Wien. Letzte Veröffentlichungen: Literaturfolder flugschrift (Hg. in Kooperation mit dem Literaturhaus Wien), Von hier aus. Diary Samples (2012), Have a Nice Trip. (2016), Der stehende Fluss (2019).

Jean Trouillet (*1957) ist ein deutscher Publizist, Radio-DJ, Produzent und Konzertveranstalter. Herausgeber des ersten deutschen Buches über Weltmusik WeltBeat für GlobehörerInnen (1989, Hg. mit Werner Pieper). Bis 2004 Leiter der Essay Recordings (u.a. Shantel, Amsterdam Klezmer Band). Zurzeit Label-Manager bei Greedy for Best Music und Künstlermanager von Den Sorte Skole, die Jewish Monkeys und The OhOhOhs.

Ivan Vejvoda (*1949) ist ein serbischer Politologe, Diplomat und Verleger. Seit 2017 Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen mit Forschungsschwerpunkt Europe’s Futures. Zuvor war er u.a. Senior Vice President des German Marshall Funds (GMF) in Washington, Direktor des Balkan Trust for Democracy des GMF und des Fund for an Open Society. Als Mitglied des Institute of European Studies in Belgrade, veröffentlichte er Schriften zur politischen Theorie und zum Verhältnis zwischen EU- und Balkan-Politik.

Harald Welzer (*1958) ist ein deutscher Soziologe, Sozialpsychologe und Publizist und leitet das Norbert-Elias-Center für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg. Seit 2012 Mitbegründer der Stiftung Futurzwei, die sich für eine offene und zukunftsfähige Gesellschaft einsetzt. Letzte Veröffentlichungen: Die smarte Diktatur. Der Angriff auf unsere Freiheit (2016), Wir sind die Mehrheit. Für eine offene Gesellschaft (2017), Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen (2019).

Walter Famler (*1958) lebt in Wien. Journalist, Publizist und Autor, langjähriger Herausgeber der Zeitschrift Wespennest, seit 2002 Generalsekretär des Kunstverein Wien Alte Schmiede.

Shalini Randeria (*1955), US-amerikanische Soziologin und Sozialanthropologin, ist seit 2015 Rektorin am Institut für die Wissenschaf- ten vom Menschen. Forschungsfelder: Zivilgesell- schaft, soziale Bewegungen und NGOs, Anthropologie der Globalisierung, Rechtspluralismus und informelle Rechtsprechung sowie Postcolonial Studies mit Schwerpunkt Südasien. Veröffentlichungen u.a.: Border Crossings: Grenzver- schiebungen und Grenzüberschreitungen in einer globalisierten Welt (2016, Hg.), Wenn Demokratien demokratisch untergehen (2019, Hg. mit Ludger Hagedorn).

Ilija Trojanow (*1965), Romancier, Verfasser politischer Sachbücher und Übersetzer, lebt seit 2008
in Wien. Letzte Veröffentlichungen: Der überflüssige Mensch (2013), Macht und Widerstand (2015), Meine Olympiade (2016), Nach der Flucht (2017), Hilfe? Hilfe! Wege aus der globalen Krise (2018, mit Thomas Gebauer), Gebrauchsanwei- sung fürs Reisen (2018).

Impressum

Veranstalter: Alte Schmiede Kunstverein Wien

Mit besonderer Förderung der Stadt Wien

Medieninhaber und Herausgeber: Alte Schmiede Kunstverein Wien 1., Schönlaterngasse 9, T +43 1 512 83 29 info@alte-schmiede.at, www.alte-schmiede.at

Konzept: Walter Famler und Ilija Trojanow

Organisation und PR: Petra Klien und Joanna Łukaszuk-Ritter Mitarbeit: Johannes Tröndle Gesamtkoordination: Walter Famler Grafisches Konzept und Umsetzung: Fuhrer visuelle Gestaltung Druck: Walla Änderungen vorbehalten!

Büchertisch: www.apunktbuch.at Ton: www.esteban.net

Buffet: www.piotrowski.at

Kooperationspartner: Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) Schauspielhaus Wien

Medienpartner: Augustin, eurozine, Wespennest