Die Sitzung, so der Titel der flugschrift von Kathrin Röggla, ist eine vor Witz sprühende, gerichtet an alle möglichen und unmöglichen Sitzungs-Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Leser und Leserinnen…), diese wiederum gesichtet in ihren Sitzungsräumen und -träumen. In diesen manchmal nur auf einzelne Sätze reduzierten Tragikomödien als Sitzungspunkte in Tages-Ordnungs-Listen-Irrsinn des Mensch-Seins in Rundfunkanstalten – und selbstverständlich nicht nur dort – findet die Poesie ihre schönsten Blüten als Posse, nachdenklich und traurig bis zum Abwinken und naturgemäß zum Weinen! Aber mehr noch ist diese Ausgabe ein Aufruf! flugschrift, die mit den Mitteln der Kunst „Partei“ ergreift, was uns oder wenigstens Teilen von uns noch wichtig ist. Ja, es geht um Kunst und Literatur, um künstlerische und also diskursive Offenheit und nicht um Erfüllungs- und Beschränkungsformulare (-formate), Optimierungswahn und Transparenzgrotesken …
Oder auch, und von wem auch immer gesprochen, und wie es im Text heißt: „Redaktionen werden kleingehauen, Vermittlungsformate abgeschaft, Sendeplätze existieren nicht mehr, stattdessen das Netz. Und das muss billig sein. Krasse Ästhetiken, heißt es, aber billig, schnell produziert, am besten mit Handy. Am besten im Podcastformat mit einer erkennbar launigen Ich-Haltung, die Gemütlichkeit eines Nachmittagsplausches mit einer vermeintlich radikalen Position in Verbindung bringen können oder im Netflixgewand ein Krimizischer.“
Kathrin Röggla (*1971) ist Schriftstellerin und arbeitet als Prosa- und Theaterautorin. Eben erschienen ihr Theaterstück Das Wasser (Reclam) und der Roman Laufendes Verfahren (S.Fischer) sowie im letzten Jahr Ausreden Grazer Vorlesungen zur Kunst des Schreibens (Droschl). Für ihre literarischen Arbeiten erhielt sie zahlreiche Preise, zuletzt den Heinrich-Böll-Preis 2023. Sie ist Vizepräsidentin der Akademie der Künste in Berlin und seit diesem Jahr Rundfunkrätin des RBB, an der Kölner Kunsthochschule für Medien unterrichtet sie Literarisches Schreiben.
